Ist Sprit noch zu billig?

Seit Jahren steigen die Preise für Rohöl und damit auch für Kraftfahrzeugtreibstoff und Heizung. Der Anstieg der Lebenshaltungskosten über die letzten zwei Jahre beruht fast ausschließlich auf den Preissteigerungen für Treibstoff und Heizung, die natürlich zum Teil auch politisch (Ökosteuer) veranlasst waren. Was tun wir Bürger, um dieses Problem in den Griff zu bekommen? Fahren wir weniger Auto? Ersparen wir uns unnütze Fahrten? Kaufen wir eher kleinere Autos mit geringerem Verbrauch als große? Fahren wir ökonomischer, d.h. weniger Gasfuß? Wird insgesamt weniger Kfz-Treibstoff verbraucht? Statistiken und befragte Tankstellenbetreiber sagen: nein, oder nur minimal.

Auf unseren Heimatort Ispringen bezogen:

  1. Nach wie vor fahren viele Mütter ihre Kinder in Kindergarten, Schule, zu Bus - und Stadtbahnhaltestellen, zum Vereinssport und andere Veranstaltungen, wohin die Kinder sehr gut auf ihren eigenen Füßen gelangen könnten. Nicht nur, dass damit erhebliche Mengen Sprit verbraucht werden - bei Kurzstreckenfahrten ist der Verbrauch überproportional hoch - unsere Kinder verlernen auf diese Weise, dass der Mensch ein Lebewesen ist, das Bewegung braucht. Lehrer in den Schulen haben schon öfter bemerkt, dass Kinder, die vor Schulbeginn Bewegung hatten - also z.B. einen Schulweg von zwanzig Minuten - im Unterricht aufmerksamer und weniger zappelig und aggressiv waren. Weiterhin ist Bewegungsarmut eine Hauptursache für Übergewicht, und wenn man sieht, dass mehr als 30 % unserer Schulkinder übergewichtig sind, dann sollte man überflüssige Transferfahrten vermeiden und den Nachwuchs zur selbstständigen Bewegung ermuntern.

  2. Sommers wie winters sieht man immer wieder Pkw mit laufendem Motor stehen, obwohl das grundsätzlich verboten ist. Im Sommer muss der Motor wohl laufen, damit die Klimaanlage weiter arbeitet, im Winter, damit die Heizung den Wagen wohlig vorwärmt, während man außen die Scheiben reinigt. Noch einmal: das Warmlaufen lassen und das Stehen lassen eines Autos mit laufendem Motor ist verboten. Laut ADAC ist der Verbrauch im Stehen im Mittel 1 Liter pro Stunde. Bei modernen Motoren lohnt sich das Abstellen des Motors bereits ab zehn Sekunden (also auch an der Ampel), bei älteren ab zwanzig Sekunden. Die zusätzliche Belastung für Anlasser und Batterie ist bei warmem Motor vernachlässigbar gering (ADAC). Das Laufen lassen eines Motors ist aber nicht nur für den Geldbeutel des Fahrers problematisch, sondern auch für die von Geruch (auch ein Katalysator produziert Gestank) und Geräusch betroffenen Anlieger eine Belästigung.

Ich habe bisher nur das Thema Kosten angesprochen; nach meinen Erfahrungen ist Treibstoff tatsächlich noch zu billig, denn die Möglichkeiten hier zu sparen, werden augenscheinlich kaum genutzt.

Ein anderes und viel schwerer wiegendes Thema ist der Kohlendioxidausstoß, der mit dem nach wie vor hohen Treibstoffverbrauch unserer Autos einhergeht. Im Schnitt führt jeder Liter Benzin, der in einem Auto-Motor verbrannt wird, zu einem Ausstoß von mehr als 2,5 kg Kohlendioxid. Der Treibhauseffekt mit der Aufheizung unserer Erdatmosphäre beruht nach wissenschaftlichen Erkenntnissen vor allem auf der durch die Menschen verursachten hohen Kohlendioxidproduktion. Die Folgen sind täglich in den Fernsehnachrichten zu sehen: Zunahme schwerer tropischer Wirbelstürme, Vergrößerung der Wüsten, Portugal, Spanien und Italien mit erheblicher Wasserknappheit und Waldbränden, der Nordpol ist im Sommer eisfrei, in den Alpen stürzen Felsmassive zu Tal, die seit Jahrtausenden stabil waren, Überschwemmungen in tief gelegenen Siedlungsgebieten (Bangla-Desch) werden immer verheerender.

Wir Menschen zerstören unsere Lebensgrundlagen mit der hemmungslosen Gier nach Mobilität, nach dem Rausch der Geschwindigkeit und nach Bequemlichkeit, und, schlimmer noch, wir zerstören das Erbe, das wir unseren Kindern und Kindeskindern hinterlassen sollen, für ein gedankenloses Hier und Jetzt.

Deshalb: Sprit ist noch zu billig - lasst uns dennoch sparen und mit unseren Ressourcen bewusst wirtschaften.

Ein weiterer wesentlicher Grund, sparsam mit Rohöl und den daraus hergestellten Heiz- und Treibstoffen umzugehen, ist, dass die Gesamtmenge begrenzt und das Ende absehbar ist. Experten schätzen, dass die Vorräte noch 50 bis 100 Jahre reichen werden, wobei der Durst der Völker nach Öl immer größer und der Preis immer höher wird (Kriege um Öl - keine Phantastereien siehe Irakkrieg). Andererseits ist Öl viel zu schade zum Verbrennen. Die ganze organische Chemie mit ihren hochwertigen Produkten wie Kunststoffe, Medikamente etc. beruht auf Öl, das heißt, die "Entsorgung" unserer Treibstoffe in "Schall und Rauch" ist pure Verschwendung.

Deshalb zuletzt: Fördern und nutzen wir alternative Energien wie Sonne, Wind, Erdwärme, Wasserstofftechnologie und schonen unsere natürlichen Ressourcen auch für die, die nach uns kommen.

Dr. Wolfgang Ballarin